[Photo: David Gamble for: The Independent on Sunday] |
Geburtstag: 24. März 1938, Hutton, England Berufe: Historiker, auch Wissenschaftshistoriker, Schriftsteller Nation: Großbritannien Im April 1963 erschien Irvings erstes Buch “The Destruction of Dresden” (dt. 1964), das ein Bestseller wurde. Für dieses Buch hatte Irving zuvor unbeachtete Unterlagen über die Hintergründe des englischen Luftangriffs auf Dresden ausgewertet. Seither, so schrieb Der Spiegel (25.6.1990), gefiel sich Irving “in der Rolle des Außenseiters, der prominenten Historikern mangelnde Quellenkunde und handwerkliche Ungenauigkeiten vorwirft”. |
IRVINGS Veröffentlichungen waren fast immer Verkaufserfolge. Bekannt gemacht haben ihn vor allem seine beiden Hitler-Biographien “Hitlers Weg zum Krieg” und “Hitlers Krieg”, die wegen der darin propagierten Thesen zu Hitlers Rolle in der “Endlösung” heftig umstritten waren. Der Autor versuchte zu belegen, daß Hitler – bis etwa Okt. 1943 – nichts von der “Endlösung” gewußt habe. Die meisten Fachhistoriker wiesen diese Darstellung als schlimme Verharmlosung der Person Hitlers zurück. Die Historiker Martin Broszat und Hans Mommsen kritisierten ebenfalls Irvings Folgerungen, kamen aber zum Ergebnis, daß es in der Tat keinen Hitler-Befehl zur “Endlösung” gegeben habe. Diese Ansicht löste eine heftige Debatte innerhalb der Historikerzunft aus und brachte nach Meinung der ZEIT (6.10.1989) “einige wichtige Erkenntnisfortschritte” hervor.
Eine gekürzte Fassung seiner Hitler-Studien mit einigen charakteristischen Änderungen ließ Irving 1989 unter dem Titel “Führer und Reichskanzler – Adolf Hitler 1933-1945” folgen. Stillschweigend getilgt war darin das Wort “Vernichtungslager”, das Irving in den vorangegangenen Büchern noch verwandt hatte. Er berief sich damit auf das sogenannte “Leuchter-Dokument”, in dem Fred Leuchter feststellte, in Auschwitz, Birkenau und Majdanek habe es keine Exekutions-Gaskammern gegeben. Rainer Zitelmann meinte zu diesem Buch in der ZEIT (ebd.): “Gefragt sind auch hier sachliche Widerlegungen, ohne Irvings Verdienste, der Forschung zahlreiche wichtige Dokumente erschlossen und zugänglich gemacht zu haben, schmälern zu wollen. Irvings Schwäche bleibt, daß er die wissenschaftliche Diskussion und die Forschungsergebnisse der von ihm abgelehnten ‘Zunft-Historiker’ nicht wahrzunehmen bereit ist.” Umstritten als “Enfant terrible” der modernen Geschichtsschreibung und “rechtsgewirkter” Historiker war und ist Irving nicht zuletzt deshalb, weil er bei seinen Vortragsreisen in Sachen Nationalsozialismus immer wieder die Existenz des Holocaust leugnet und sich als Mitstreiter der rechtsextremen Szene zu erkennen gibt.
So engagierte sich Irving 1984 in Frankreich für Le Pens “Nationale Front”. . .
. . . und unternahm während des Europawahlkampfes 1984 im Auftrag der “Deutschen Volksunion” eine Vortragsreise durch die Bundesrepublik.
Wegen des Verdachts der Propaganda und Betätigung für den Nationalsozialismus ließ das österreichische Innenministerium Irving im Juni 1984 festnehmen und nach Deutschland abschieben.
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Im Jan. 1993 verurteilte das Landgericht München Irving wegen Beleidigung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener zu einer Geldstrafe in Höhe von rd. 25.000 DM. Er hatte am 21. April 1990 im Münchner Löwenbräu-Keller behauptet, man wisse inzwischen, daß es nie Gaskammern gegeben habe. Im Nov. 1993 wurde Irving nach einer Verfügung der Münchner Ausländerbehörde aus Deutschland ausgewiesen. Im März 1996 bestätigte das Verwaltungsgericht München die unbefristete Ausweisung.
Wegen “charakterlicher Mängel” war Irving im Mai 1994 zum zweiten Mal die Einreise in Australien verweigert worden.
1990 lag in deutscher Übertragung der erste Teil einer Churchill-Biographie von Irving vor (“Churchill. Kampf um die Macht”), in der er die These vertrat, “Churchill sei durch sein bedingungsloses Festhalten am totalen Krieg gegen Nazideutschland, sein kompromißloses Ablehnen aller deutscher Friedensvorstöße zum Zerstörer des englischen Empire geworden” (vgl. Neue Zürcher Zeitung, 26.6.1991).
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Im Auftrag der “Sunday Times” reiste Irving im Juni 1992 nach Moskau, um dort die Tagebücher des einstigen Reichspropagandaministers Joseph Goebbels zu sichten, die von Mitarbeitern des Münchner Instituts für Zeitgeschichte entdeckt worden waren. Das Vorhaben der “Sunday Times”, Auszüge der bisher unbekannten Teile der Tagebücher abzudrucken, führte in der britischen Öffentlichkeit vor allem deshalb zu heftigen Auseinandersetzungen, weil die Texte von Irving in die heutige Schrift umgeschrieben und übersetzt wurden. Im April 1996 stoppte der US-Verlag St. Martin’s nach scharfen Protesten in letzter Minute den Druck einer Goebbels-Biographie von Irving In England war dieses Buch ab dem 14. April 1996 unter dem Titel “Goebbels. Mastermind of the Third Reich” in den Handel gebracht worden.
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