From the world’s press
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[Verbatim trial transcripts | David Irving’s “Radical’s Diary” für Jan.: 28 | 31 | Feb: 1 | 2 | 3 | 5 | 7 | 8 | 10 | 15 | 16 | 17 | 20 | 24 | 28 | Mar: 1 | 2]
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Feuilleton, 2. März 2000
LONDON, 1. März Im Gerichtssaal 73 hatte man gespannt auf den Videofilm gewartet, der „den ganzen Mister Irving” im Kreise deutscher Neonazis zeigen sollte. Doch der Richter hatte wenig Lust auf eineinhalb Stunden Neonazi-Gegröle ohne Übersetzung und Untertitel. Irving selbst ficht diese Aufnahmen heftig an; Sie seien geschnitten, die Ausschnitte seiner Reden aus dem Zusammenhang gerissen. Nach den Stellen, die schließlich zu sehen waren, hatte man allerdings wenig Bedürfnis nach dem Rest. „Da ist diese Einmann-Gaskammer”, schrie er Fahnen schwenkenden Glatzköpfen und Alt-Nazis entgegen, „die zwei deutsche Soldaten in der polnischen Landschaft herumtragen auf der Suche nach einzelnen Juden.” [sic. Polen]. “Die Einmann-Gaskammer muss ausgesehen haben wie ein Sedan-Stuhl, aber getarnt als Telefonzelle. Wie haben sie das Opfer dazu gebracht, freiwillig in die Gaskammer zu steigen? Offenbar war ein Telefon drin, das klingelte, und der Soldat sagte: Das für Sie!”
Die Überraschungen lagen an diesem Tag anderswo. Zum einen führte Irving zu seiner Ehrenrettung an, einen ,,berühmten linksintellektuellen Theaterdichter” aus Deutschland zu seinen „intimen Freunden” zu zählen: Rolf Hochhuth, mit dem er intensiv korrespondiere. Funke, der an diesem Tag als Auskunftgeber für alles Deutsche fungieren müsse, bestätigte dem Richter, dass Hochhuth ein Theaterautor sei. Weder wollte er ihn als linksintellektuell bezeichnen, noch habe er die „fünftausend Stuck” Korrespondenz gesehen, als er seine Forschungen über Irvings Verbindungen zu deutschen Rechtsradikalen betrieb. Die zweite Überraschung ist ein Brief von 1985, weit hinten in einem Päckchen Unterlagen, das Irving einigen Journalisten überreicht hat.
Es ist nicht untypisch, dass Irving im Gerichtssaal bloß diesen Brief verteilt, so als ob Naumann einfach ein Fan seiner Bücher wäre. Dabei mündete das freundliche Anbahnungsgespräch zehn Jahre später in einen, ganz unfreundlichen Rechtsstreit. Naumann hatte zwar mit Irving noch einen Vertrag über die zweibändige Churchill-Biographie abgeschlossen und einen sechsstelligen Vorschuss bezahlt. Zur Publikation kam es jedoch nicht, weil wie Michael Naumann dieser Zeitung sagte, Irving den zweiten Manuskriptteil nicht termingerecht abgeliefert harte und „und inzwischen seine braune Unterseite klargeworden war”. Rowohlt prozessierte um die Rückzahlung des Vorschusses. Irving erklärte sich bankrott. Schließlich wurde er 1995 zwei Wochen in das Londoner Gefängnis Pentonville gesteckt: “Wie in dunkelster viktorianischer Zeit”, kommentierte er gekränkt. Die dritte Überraschung schließlich sind die Eichmann-Memoiren, die Israel nun dem Prozess zur Verfügung gestellt hat (F.A.Z. vom 29. Februar). Sie waren bisher nicht zugänglich, und niemand weiß, wie sie dem Prozess nützen sollen. Es ist auch völlig unklar, warum so viele Geheimnisse hineingedeutet worden waren. Jedenfalls sind sie jetzt genau dort gelandet, wo man sie wohl am wenigsten haben wollte. Mit zwei Fingern hielt Richard Rampton eine schwarze Diskette in die Höhe, und seine stoffreiche Robe bauschte sich. Er wolle Irving die Diskette nur geben, wenn dieser verspreche, das Material nicht auf seine Internetseite zu laden. Irving versuchte einen Ausfall: Alles, was vor Gericht besprochen werde, sei automatisch im Besitz der Öffentlichkeit. Dem widersprach Rampton heftig. Diese neuen Eichmann-Memoiren seien noch nicht Teil des Verfahrens gewesen. Der Richter folgte ihm. Irving musste sein Versprechen geben. Rampton reichte die Diskette langsam seinem Junior, Miss Heather Rogers. Miss Rogers nahm sie ebenfalls mir zwei Fingern, steckte den Attn nach rechts und wandte den Kopf nach links, nicht ohne noch ein bisschen die Mundwinkel zu verziehen. Mit einem großen Schritt war Irving bei ihr und trug die kleine Diskette an sein Pult zurück. Für diesen Liebhaber von Original-Nazischriften muss es ein schöner Augenblick gewesen sein. EVA MENASSE.
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Frankfurt, den 2. März 2000
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Clippings Index | ©Focal Point 2000
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