Dr. Konrad Morgen |
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Betr.: Kaltenbrunner
Sehr geehrter Herr Irving,
Ihre Anfrage vom 2.7.74 darf ich wie folgt beantworten:
1. Unwahr ist Kaltenbrunner habe meine Versetzung zum Amt 5 des RSHA veranlasst.
Amt 5 des RSHA war das Reichskriminalpolizeiamt, eine Behörde, die bereits im Weimarer Staat gegründet worden war und dessen damaliger Chef N e b e nur formal Kaltenbrunner unter-stellt war.Ich war als Kriegsrichter der Waffen SS Angehöriger des Hauptamtes SS Gericht. (Chef Obergruppenführer Breithaupt). Meine Versetzung (richtiger Abkommandierung) konnte nur durch jemand erfolgen, der über den 3 Hauptamtschefs stand, nämlich Himmler selbst.
Himmler hat meine Abkommandierung zum RKPA veranlasst, weil ich mich als SS Richter durch meine Tätigkeit im besetzten Polen bei dem Hauptamtschef des Wirtschafts&emdash; und Verwaltungshauptamtes P o h l bei Standartenführer F e g e l e i n und vielen anderen unbeliebt gemacht hatte.
Ausdrückliche Weisung war, einerseits: mich der Bearbeitung politischer Strafsachen fernzuhalten, anderseits: meine be-wiesenen kriminalistischen Fähigkeiten zu nutzen.
Dies schien Himmler durch meine Abkommandierung zum Reichskriminalpolizeiamt gewährleistet.
2.) Unwahr ist die Behauptung von K., ich sei zur Ergänzung einer Spezialkommission zur Untersuchung der Konzentrationslager versetzt worden.
&emdash; Bei meinem Eintreffen beim RKPA wusste man dort zunächst nicht, was man mit mir anfangen sollte. Eine Untersuchungs-kommission der Konzentrationslager bestand nicht. Sie konnte auch nicht bestehen. Denn die Kriminalpolizei, deren Zentrale das RKPA war, war nur für die Kriminalität von Zivilisten zu-ständig, nicht aber für die in den SS Truppen. Die Gestapo wiederum war nur für politische Untersuchungen zuständig, nicht jedoch für kriminelle. Zuständig wäre die SS Gerichtsbarkeit gewesen. Aber diese war angewiesen auf Anzeigen aus der KZ Truppe. Wo aber kein Kläger ist &emdash; ist auch kein Richter.Es war ein ausgesprochener Zufall, dass ich in diese Lücke stiess.
3.) Unwahr ist die Behauptung K's, er sei am Tage nach meinem Bericht ins Führerhauptquartier gefahren
&emdash; Starr waren zwar alle &emdash; auch Kaltenbrunner &emdash; aber jedem "war das Eisen zu heiss". So schickte mich einer zum andern. Nebe verwies mich an Kaltenbrunner, Kaltenbrunner an Breithaupt (Chef Hauptamt SS Gericht), dieser an seinem Verbindungsführer zu Himmler. Und so musste ich (&emdash; damals ein Oberleutnant) ins Führerhauptquartier nach Ostpreussen fahren, um Vortrag zu halten.
4.) Unwahr ist auch die Behauptung, es sei darauf die Judenvernich-tung angehalten worden, Von der Judenvernichtung hatte ich damals zu Beginn meiner Untersuchungstätigkeit noch keine Ahnung. Das kam erst viel später. Bei meinem Vortrag über meine ersten Untersuchungsergebnisse ging es ausschliess-lich um die Korruption des Standartenführers Koch, dem Kommandanten der KZ Buchenwald und Lublin, und seine Frau Ilse.
5.) Unwahr ist auch die Behauptung K's, er habe meine Untersuchungen unterstützt. Das Gegenteil trifft zu. Ihm und Pohl ist es schliesslich gelungen, mich im Sommer 44 aus der Untersuchungsführung zu entfernen.
6.) Richtig ist, dass aufgrund meiner Untersuchungen bestehende Befehle zum Schutz von Leben und Eigentum der Häftlinge verschärft wurden. Das KZ&emdash;Personal durch Festnahmen und Verurteilungen geschockt war. Die bis dahin unbekannten Zustände in der SS allgemein publik wurden und Himmler dadurch unter einen starken moralischen Druck geriet.
Die sich verschlechternde Kriegslage weckte den Widerstand der SS Generalität gegen Hitler, Von ihr gedrängt, nahm Himmler heimlich Verbindung zum Ausland &emdash; auch zum Judentum auf. Das aber hatte zur Voraussetzung, dass er die Judenvernichtung stoppte.
Ihr ergebener
[Konrad Morgen] |