Als Jackson die Rolle, die man von ihm in Nürnberg zu spielen erwartete, besser verstand, verstärkten sich seine Besorgnis und Bestürzung. Irving zeigt, das, als er der Realität des Nürnberger Prozesses gegenüberstand, Jacksons Idealismus abflaute, jedoch nie ganz verschwand.Entscheidung auf höchster Ebene
Als Deutschlands Niederlage sich deutlicher abzeichnete, begannen die Alliierten gezielter darüber zu diskutieren, wie sie die besiegte Nation und ihre Führung zu behandeln gedachten. Präsident Roosevelt, Prime Minister Churchill und Premier Stalin stimmten bereitwillig darin überein, das viele prominente deutsche Führer getötet und Deutschland selbst industriell so aktionsunfähig gemacht werden müsse, das es nie wieder eine der wirtschaftlichen und militärischen Hauptmächte in Europa werden würde. “Wir müssen Deutschland gegenüber knallhart sein,” sagte Präsident Roosevelt, “und ich meine damit das deutsche Volk und nicht nur die Nazis. Wir müssen das deutsche Volk verkrüppeln oder es so behandeln, das es nicht weiterhin Menschen hervorbringen kann, die so weitermachen wollen wie in der Vergangenheit.”
Weil die Alliierten die deutsche Führung bereits öffentlich als Verbrecher dargestellt hatten, konzentrierte sich die Diskussion darauf, ob diese sofort oder nach einer Art öffentlichem Prozeß hingerichtet werden sollte. Roosevelt und Churchill bevorzugten anfänglich eine einfache sofortige Erschießung von Deutschlands militärischen und politischen Führern, so wie sie gefunden wurden oder sich ergaben. (Das ist es, was mit Italiens Duce, Benito Mussolini passierte, der mit seiner Begleitung einfach ermordet wurde.) Es war Stalin, der im Hinblick auf den Erfolg, den er mit Hilfe von ausgeklügelten Schauprozessen bei der Vernichtung von Rivalen hatte, darauf bestand, das die deutschen Führer vor ein Gericht gestellt werden sollten. Roosevelt und Churchill schlossen sich dem an. Wenn man die Verherrlichung des Nürnberger Tribunals bedenkt, die von vielen in den Vereinigten Staaten und Britannien heute an den Tag gelegt wird, ist es befremdlich (bemerkt Irving), das dieses niemals eingerichtet worden wäre, wenn nicht der sowjetische Diktator darauf bestanden hätte.
Es überrascht nicht, das die sowjetischen Beamten nie Illusionen über die wirkliche Natur und Absicht der Nürnberger Prozesse hatten. Der sowjetische Richter beim Tribunal, Ion T. Nikitchenko, faßte die Ansicht seiner Regierung über die Verfahren offen wie folgt zusammen: “Wir befassen uns hier mit den Hauptkriegsverbrechern, die bereits verurteilt worden sind und deren Verurteilung von den Leitern der Regierungen bereits bekanntgegeben worden ist.” Er wies die “Fiktion” zurück, daß das Tribunal objektiv sei und erklärte, das die Aufgabe des Richters nur sei, über die angemessene Bestrafung zu entscheiden, und die des Anklägers, ganz einfach den Richter zu unterstützen.
Doppelstandard
Wie Irving zeigt, waren die siegreichen Alliierten, die in Nürnberg zu Gericht saßen, vieler der Taten oder Verbrechen selbst schuldig, für die sie die Deutschen unter Anklage stellten (und hängten). Sehr wahrscheinlich übertrafen die Alliierten die Deutschen an Verbrechen und Greuel.
Irving zitiert zum Beispiel die britisch-amerikanischen Feuerbombardierungen von Dresden, Hamburg und anderen deutschen Städten, bei denen sie Zehntausende von Zivilisten zur gleichen Zeit töteten, die als “ethnische Säuberung” bezeichnete Massenvertreibung deutscher Zivilisten aus Ost- und Zentraleuropa, von denen zwei Millionen umkamen oder getötet wurden, die weitverbreitete summarische Erschießung deutscher Gefangener und die Benutzung von Hunderttausenden deutscher Gefangenen als Zwangsarbeiter. Er zitiert auch weniger bekannte Vorkommnisse, wie die Versenkung der klar als Flüchtlingsschiff des deutschen Roten Kreuzes gekennzeichneten Cap Arcona durch die britische Luftwaffe in den letzten Kriegstagen, wobei 7,300 Flüchtlinge, meist Frauen und Kinder, getötet wurden.